Weibliche Genitalverstümmelung stoppen

Das Kinderhilfswerk Eine Welt (KHW) engagiert sich seit vielen Jahren für die Rechte von Mädchen und Frauen. Dieser Artikel befasst sich mit einer besonders schweren Form der Verletzung dieser Rechte, von der jedes Jahr etwa vier Millionen Mädchen und Frauen weltweit akut bedroht sind. Überall auf der Welt gibt es deshalb Initiativen, die sich um die Abschaffung bemühen. Das KHW verfolgt dafür im Projektland Mali mehrere Strategien

Der Artikel enthält themenbedingt Beschreibungen geschlechtsspezifischer Gewalt. Es werden keine Einzelschicksale beschrieben.

Weibliche Genitalverstümmelung: Was ist das?

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet der Begriff "Weibliche Genitalverstümmelung" (engl. Female Genital Mutilation, kurz: FGM) die teilweise oder vollständige Entfernung oder Verletzung der weiblichen äußeren primären Geschlechtsorgane. Weibliche Genitalverstümmelung ist eine Form von physischer und psychischer Gewalt, die sich gegen Personen aufgrund ihres Geschlechts richtet und stellt eine Verletzung des Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit dar.

Der Eingriff wird häufig vor oder mit Eintritt der Pubertät vollzogen und ist ohne medizinischen Nutzen. Im Gegenteil: Weibliche Genitalverstümmelung kann lebenslange Schmerzen und Traumata verursachen, wobei Folgen und Beeinträchtigungen sich von Frau zu Frau unterscheiden. Etwa ein Viertel aller betroffenen Mädchen überleben den Eingriff nicht oder sterben an Infektionen im Anschluss daran.

Laut aktuellen Zahlen von UNICEF sind 230 Millionen Mädchen und Frauen in 31 Ländern weltweit von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Seit 2016 ist diese Zahl um etwa 15 Prozent gestiegen. Die Dunkelziffer liegt jedoch vermutlich deutlich höher. Jedes Jahr sind etwa 4 Millionen Mädchen von dem Eingriff bedroht. In Deutschland sind 67.000 Mädchen und Frauen aus verschiedenen Herkunftsländern von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen.

NGOs, Frauenärzt*innen und lokal aktive Frauenrechtsaktivist*innen kämpfen auf verschiedenen Ebenen auf der ganzen Welt ein Ende dieser frauenfeindlichen Praxis. Die Vereinten Nationen haben es sich im Rahmen der Strategie für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zum Ziel gesetzt, dass weibliche Genitalverstümmelung und Früh- und Zwangsverheiratung bis 2030 weltweit beendet werden.

Welche Formen von weiblicher Genitalverstümmelung gibt es?

Bei der weiblichen Genitalverstümmelung werden die äußeren primären Geschlechtsorgane (lat. vulva) teilweise bis vollständig ohne medizinischen Nutzen entfernt oder verletzt. Dieses geschieht häufig ohne Betäubung und unter unhygienischen Bedigungen vor oder mit Eintritt in die Pubertät. Die WHO unterscheidet vier Hauptformen der weiblichen Genitalverstümmelung.

Typ I: Klitoridektomie

Bei der Klitoridektomie wird das Gewebe der Klitoriseichel und -vorhaut zum Teil oder vollständig entfernt oder verletzt.

Typ II: Exzision

Bei dieser Form der weiblichen Genitalverstümmelung werden neben dem äußeren Teil der Klitoris auch die inneren Vulvalippen verletzt oder entfernt. Dabei kann es vorkommen, dass auch die äußeren Vulvalippen verstümmelt werden.

Typ III: Infibulation

Klitoris, innere und Teile der äußeren Vulvalippen werden entfernt. Das zurückbleibende Gewebe wird über der Vagina vernäht oder geklammert und die Öffnung dadurch verengt. Eine kleine Öffnung in dem Narbengewebe bleibt, durch das Urin und Menstruation ausgeschieden werden können.

Typ IV: Sonstige Verstümmelungen

In diese Kategorie ordnet die WHO alle anderen Eingriffe in den weiblichen Genitalbereich ohne medizinische Begründung. Dazu zählt beispielsweise das Auftragen von ätzenden Substanzen, die betäuben oder die Nerven schädigen.

Motive und Folgen von weiblicher Genitalverstümmelung

Motive

Eine Verletzung von Mädchen und Frauen, wie die weibliche Genitalverstümmelung sie darstellt, ist immer Ausdruck der sozialen Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts. Dennoch existiert die Praxis an verschiedenen Orten und kann innerhalb ihrer Kontexte für Menschen eine bestimmte Bedeutung haben.

Verfechter*innen der Praxis berufen sich auf Traditionen, Religion oder ökonomische Motive, um den Eingriff an den Mädchen in einer Gemeinschaft zu erklären. Das Resultat wird mit Reinheit und Hygiene assoziiert, die Heirat einer beschnittenen Frau kann ein höheres Brautgeld für ihre Familie bedeuten. Darüber hinaus gibt es Mythen, die die unbeschnittene Vulva als Gefahr für Leib und Leben der Frau selbst, ihres Sexualpartners oder im Fall einer Schwangerschaft für den Embryo betrachten. Auch vermeintlich religiöse Motive können eine Rolle spielen. Es sind verschiedene soziale und kulturelle Faktoren, die den Fortbestand begünstigen. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass der unbeschnittene Körper eines Mädchens nicht akzeptiert werden kann, in seiner ursprünglichen Form abgelehnt wird und in Orientierung an eine bestimmte Normvorstellung verändert werden muss.

Es gibt jedoch keine Religion, die zur Verstümmelung von Frauen und Mädchen aufruft oder diese Praxis in ihren Schriften rechtfertigt. Es gibt außerdem keinen medizinischen Grund, der diese Art des Eingriffs im Sinne einer Verbesserung des Gesundheitszustands einer Person oder der körperlichen Hygiene rechtfertigt. Tatsächlich sind die negativen Folgen der Verstümmelung vielfältig und häufig irreversibel.

Ausschlaggebend für das Risiko eines Mädchens, von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen zu sein, ist aber nicht allein ihr Geburts- oder Wohnort, sondern vor allem die Zugehörigkeit zu einer patriarchal strukturierten sozialen Gruppe oder Ethnie, in der die oben beschriebenen kulturellen und sozialen, misogynen (frauenfeindlichen) Rechtfertigungsmuster Gültigkeit besitzen. An diesen Mustern setzen auch die Initiativen an, die sich für eine wirkungsvolle Politik gegen weibliche Genitalverstümmelung einsetzen. Weitere wichtige Faktoren sind Bildung und ökonomischer Status.

Folgen

Der im Zuge eines Rituals gestaltete und oft ohne Betäubung durchgeführte Eingriff der weiblichen Genitalverstümmelung erzeugt heftige Schmerzen und starke Blutungen. Fieber, Wundinfektionen und Schockzustände sind mögliche unmittelbare Folgen. Zu den möglichen langfristigen Folgen für die Mädchen und Frauen zahlen Probleme beim Wasserlassen, Vaginal- und Menstruationsbeschwerden, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, eingeschränkte Empfindsamkeit, ein erhöhtes Risiko von Komplikationen bei der Geburt eines Kindes, die Notwendigkeit späterer Operationen und psychische Probleme wie Depressionen oder eine posttraumatische Belastungsstörung.

Weltweite Initiativen gegen weibliche Genitalverstümmelung

Seit 2003 ist der 6. Februar der internationale Tag „Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung“. An diesem Tag wird weltweit Aufmerksamkeit für dieses Thema erzeugt mit dem Ziel der Sensibilisierung, Ächtung und Abschaffung. Neben großen Organisationen, die sich für ein Ende der weiblichen Genitalverstümmelung einsetzen, ist die Arbeit kleiner Initiativen und engagierten Einzelpersonen mit Zugang zu lokalen Gemeinschaften bei dieser sensiblen Thematik von großer Bedeutung.

Gesetzliche Verbote von weiblicher Genitalverstümmelung

In vielen Staaten ist weibliche Genitalverstümmelung bereits gesetzlich verboten. In Deutschland ist weibliche Genitalverstümmelung seit 2013 nach dem Strafgesetzbuch gesetzlich verboten. In vielen afrikanischen und asiatischen Staaten gibt es jedoch noch keine gesetzlichen Regelungen zur weiblichen Genitalverstümmelung. Ob gesetzliche Verbote jedoch ausreichen würden, wird von Aktivist*innen vielerorts bezweifelt.

Bildung und Aufklärung gegen weibliche Genitalverstümmelung: Das KHW in Mali

In unserem Projektland Mali sind über 85 Prozent der Mädchen und Frauen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Das Land gehört nämlich zu den wenigen afrikanischen Ländern, die kein gesetzliches Verbot von weiblicher Genitalverstümmelung haben. Das KHW kämpft daher seit vielen Jahren gegen die Genitalverstümmelung junger Mädchen und gegen die Diskriminierung von Frauen.

Stärkung lokaler Organisationen

Wir unterstützen in Mali die APDF, die Vereinigung für den Fortschritt und die Verteidigung der Frauenrechte. Dort sind etwa 35.000 Frauen im Kampf gegen die Genitalverstümmelung organisiert. Sie betreiben Bewusstseinsbildung auf allen Ebenen: bei den Familienoberhäuptern, den Dorfchefs, dem Imam – bis hin zur Lobbyarbeit in der Afrikanischen Union. Mit Spenden werden z.B. landesweit pädagogische Theatergruppen aufgebaut, die in den Dörfern effektiv Aufklärungsarbeit leisten.

Das KHW unterstützt konkret eine APDF-Kindertagesstätte in der malischen Hauptstadt Bamako, in dem Mädchen und Jungen gleichberechtigt erzogen werden.

Aufklärung in den Gesundheitszentren

Die von uns gebauten Gesundheitszentren in Mali bieten nicht nur Geburtshilfe, medizinische Grundversorgung oder Impfschutz für die Kleinsten, sondern auch eingehende soziale Beratung. Pflegerinnen und Ärzte sind eigens darin geschult, Frauen aus den umliegenden Dörfern über die Gefahren der Beschneidung ihrer Töchter aufzuklären.

Mit Ihrer Spende helfen Sie dabei, in unseren Gesundheitszentren die Aufklärungs- und Beratungsangebote für Frauen weiter auszubauen.

Schulbildung für Mädchen

Das entscheidende Mittel im Kampf gegen die Genitalverstümmelung sind selbstbewusste, gebildete Mädchen. Wenn sie ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass weibliche Genitalverstümmelung Ursache für lebenslanges Leiden ist, dann werden sie dafür sorgen, dass ihre eigenen Töchter das nicht erleben müssen. Daher baut das KHW ganz bewusst Schulen in den ländlichen Regionen Malis und fördert mit Nachdruck die schulische Ausbildung von Mädchen.

Frauenrechtsgruppen wie APDF sind Teil einer Zivilgesellschaft, die in Mali für ein selbstbestimmtes Leben der Mädchen kämpft. Wir fördern mit Ihrer Spende dieses Engagement direkt und ohne Umwege – gerade in Krisenzeiten!

 

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Dieser Artikel wurde verfasst von Judith Pirhofer und dem KHW.


World Health Organisation, Female geniatl mutilation, 2025

bpb, 6. Februar Internationaler Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung, 2021

Terre des femmes, Weibliche Genitalverstümmelung

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Weibliche Genitalverstümmelung, 2020

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, SDG 5 Geschelchtergerechtigkeit

Terre des Femmes, Beweggründe

Terre des Femmes, Mali

Terre des Femmes, Verbreitung weltweit und in Deutschland

Deutsches Ärzteblatt, Weibliche Genitalverstümmelung: Lebenslanges Leiden

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